Ruta del Cares
Elternzeit 1 (2015) Spanien Wandern & Trekking

Ruta del Cares: Wander-Highlight in den Picos de Europa

Garganta Divina, die göttliche Schlucht. Diesen verheißungsvollen Beinamen trägt die Cares-Schlucht in den Picos de Europa. Durch sie führt ein 12 km langer Wanderweg, der die beiden Ortschaften Poncebos auf asturischer Seite und Caín in der Provinz León miteinander verbindet. Ganz klar: Dieses Touren-Highlight konnte und wollte ich mir nicht entgehen lassen. Da unser kleiner Wirbelwind seit dem Krabbelalter sämtliche Wandertauglichkeit abgelegt hat, war ich froh, dass mir meine Lieben einen freien Tag für diese Wanderung gewährt haben – gracias!

Einigermaßen zeitig packte ich meinen Tagesrucksack mit meinem Kamera-Equipment, etwas Proviant, viel Wasser und noch mehr Muffensausen. Seit Lottas Geburt hatte ich keinen Sport mehr getrieben, wenn man von dem bisschen Rückbildung mal absieht, und nun wollte ich gleich mal eben 24 km wandern. Mit 6 bis 8 Stunden Gehzeit sollte ich rechnen. Ich musste verrückt geworden sein!

Startpunkt: Poncebos

Jan fuhr mich von Arenas de Cabrales hinauf zum Startpunkt der Wanderung. Schon die viertelstündige Anfahrt war überwältigend! Die Straße nach Poncebos folgt dem Río Cares, der Anfang September recht gemächlich vor sich hin plätscherte. Rechts und links ragten steile Felswände auf, und vor uns erhoben sich die schroffen Zackengipfel der Picos de Europa – imposant!
Mein Muffensausen wich einer erwartungsvollen Aufregung, die sich durch die lange Schlange der am Straßenrand geparkten Autos der Wanderer noch verstärkte. Am Ende der blechernen Schlange setzte Jan mich ab – nun gab es kein Zurück mehr.

Einstieg zur Ruta del Cares
Einstieg zur Ruta del Cares: Bis Caín werden 3 Stunden Gehzeit veranschlagt.

Auf den ersten Metern ist die Schlucht selbst gar nicht sonderlich spektakulär, dafür schweifte mein Blick immer wieder hinauf zu verschiedenen Felsformationen und den Kalkstein-Gipfeln, deren zackiges Profil sich vor dem sonnenhellen Himmel abzeichnete.

Felsformationen entlang der Ruta del Cares
Herrlich, was die Natur für Kunstwerke schafft und wie sie sie ins rechte Licht rückt!

Weitblick in die göttliche Schlucht

Wenig später weitete sich dann aber das Tal und eröffnete mir erste atemberaubende Ausblicke in die lange Schlucht, die der Cares durch die Picos de Europa gegraben hat.

Wanderweg Ruta del Cares
Unter mir rauschte (ok, plätscherte) der Cares, über mir erhoben sich die schroffen Picos.

Die ersten 2,5 Kilometer der Ruta del Cares waren die anstrengendsten der gesamten Tour, denn der schmale, steinige Weg stieg fast permanent an. Die etwa 250 Höhenmeter brachten mich gewaltig ins Schwitzen, auch weil die Sonne die ganze Zeit über unbarmherzig auf mich herab schien. Beim Durchwandern einer Schlucht denkt man ja unweigerlich an Schatten und eine feuchte Kühle. Die Ruta del Cares führt allerdings nicht am Flussufer entlang, sondern der Weg verläuft irgendwo auf halber Höhe der Schlucht. Sonnencreme und Sonnenhut sind bei dieser Wanderung essentiell!

Ruta del Cares
Im ersten Teilstück der Ruta del Cares gewinnt der Wanderweg stetig an Höhe.

Der weitere Weg war relativ eben und leicht begehbar. Ich konnte entspannt wandern und dabei unzählige, herrliche Ausblicke genießen. Hier und da passierte ich ein paar Ziegen, die mich neugierig beäugten, zerfallene Steinhütten, die wahrscheinlich mal von Hirten bewohnt wurden, sowie unterschiedlichste Felsformationen, die Wind und Wetter geduldig geformt haben.

Ruta del Cares
Bei diesem Wegabschnitt muss ich an „Herr der Ringe“ denken: Da könnten auch Hobbits und Elben lang laufen.

Falls ihr euch übrigens wundert, warum jemand sich die Mühe gemacht hat, den Wanderern einen so feudalen Weg in diese Schlucht zu zimmern, dann kommt hier die Erklärung: Durch das Cares-Tal verläuft ein künstlich angelegter Wasserkanal, ähnlich den Waalen in den Alpen oder den Levadas auf Madeira. Der Kanal dient allerdings nicht der Landwirtschaft, sondern führt dem E-Werk bei Poncebos Wasser zu. Der zugehörige Versorgungsweg wurde zwischen 1916 und 1921 von Steinmetzen in den Fels gehauen – eine Meisterleistung! – und zwischen 1945 und 1950 nochmals ausgebaut.

Wasserkanal mit Versorgungsweg
Links des Wegs verläuft der Wasserkanal, der immer mal wieder in einem Felstunnel verschwindet, daneben der frühere Versorungs- und heutige Wanderweg.

Das letzte Teilstück: Tunnel & Brücken

Im letzten Teilstück der Ruta del Cares verengt sich das Tal, blanke Felswände ragten steil über mir auf. Immer wieder führte der Weg durch in den Stein geschlagene Tunnel. Das Wechselspiel von Licht und Schatten stellte meine Augen so manches Mal auf die Probe, während Tropfwasser den steinigen Untergrund in eine wahre Rutschfalle verwandelte. Kurz vor Caín wechselte der Weg über die Puente Bolín das Flussufer, bevor ich wenige Minuten später über die Puente de los Rebecos wieder zurück auf die rechte Seite des Cares gelangte. Langsam aber sicher nähert sich der Weg dem Niveau des Río Cares an, bis sich die beiden in Caín schließlich treffen.

Blick aus einem der Tunnel auf die Puente de los Rebecos
Blick aus einem der Tunnel auf die Puente de los Rebecos

Etappenziel erreicht: Halbzeit in Caín

Ein Blick auf meine Uhr ließ mich jubeln: Ich hatte die knappen 12 km bis Caín in 3 Stunden bewältigt, inklusive ausgiebiger Fotostopps, Erkundung der zerfallenen Steinhäuser und kleinerer Abstecher zu Aussichtspunkten. Ich war voll im Soll, auch ohne Training!

Caín mit Gipfelpanorama
Caín mit seinen umliegenden Gipfeln ist sicherlich das imposanteste Bergdorf in den Picos de Europa.

Zur Belohnung spazierte ich gemütlich durch die Kopfsteinpflastergassen des kleinen Bergdorfs. Kaum zu glauben eigentlich, dass Caín nur auf knapp über 500 m über dem Meeresspiegel liegt. Entsprechend imposant wirken die das Dorf umgebenen Gipfel, von denen mehrere um die 2.500 m hoch sind.

Gerne hätte ich es mir auf einer der Restaurant-Terrassen gemütlich gemacht, allerdings herrschte überall Hochkonjunktur durch Wanderer und Tagesgäste. Ich entschied mich daher für die einfache Brotzeit am Flussufer, was mir neben der gleichen tollen Aussicht noch erfrischend kühle Füße bescherte.

Rückweg: Gleicher Weg, neue Aussichten

Ich muss gestehen, dass ich im Allgemeinen Rundwanderungen lieber mag, in diesem Fall blieb mir allerdings nichts anderes übrig, als auf demselben Weg zurück nach Poncebos zu wandern. Warum? Die Alternative wäre die 100 km lange Straßenverbindung zwischen Caín und Poncebos gewesen, für die man gute 2,5 Stunden Fahrt einrechnen muss. Wohl eher nicht. Zum Glück hielt die andere Blickrichtung auf die Cares-Schlucht neue Perspektiven bereit, so dass mir der Rückweg auf derselben Route gar nichts ausgemacht hat.

Gargante del Cares
Einige Ausblicke waren mir vom Hinweg bekannt, andere erschienen aus dieser Richtung gänzlich neu.

Nach etwa 2,5 Stunden – erneut reichlich Fotostopps inbegriffen – hatte ich den Ausgangspunkt der Cares-Wanderung wieder erreicht. Ich war soooo stolz auf mich! Ein paar nette Spanier nahmen mich in ihrem Auto mit runter nach Arenas de Cabrales, wo Jan und Lotta mich schon erwarteten. Das ist der Vorteil einer so beliebten und gut frequentierten Wanderung: Man findet problemlos eine Mitfahrgelegenheit.

Ruta del Cares: Mein Wander-Fazit

Die Cares-Schlucht ist atemberaubend schön, daher sollte man sich diese Genuss-Wanderung in den Picos de Europa auf gar keinen Fall entgehen lassen. Die Ruta del Cares kann so ziemlich von Jedermann gemeistert werden. Die Wanderung ist mit knapp 24 km zwar sehr lang, aber sie stellt keine besonderen technischen Ansprüche an den Wanderer. Mein Muffensausen im Vorfeld war jedenfalls mehr als nur unbegründet.

Wandern am Abgrund
Übermäßige Schwindelfreiheit ist trotz der senkrechten Abbruchkanten nicht erforderlich, man kann ja nah an der Bergseite laufen.

Die Ruta del Cares gehört zu den beliebtesten Wanderungen der Spanier. Um dem Massenansturm zu meiden, bieten sich daher Wochentage und die Nebensaison für die Tour an. Auch wenn reichlich andere Wanderer mit mir unterwegs waren, habe ich über weitere Strecken „meine Ruhe gehabt“ und konnte ungestört fotografieren.

Bei uns Deutschen sind die Picos de Europa (mir unverständlicher Weise) als Wandergebiet weitestgehend unbekannt. War jemand von euch schon dort? Hände hoch, wer ist die Ruta del Cares bereits gelaufen? Ich bin gespannt.

Interessant? Dann gerne teilen!

8 Comments

  1. Oh, die Picos! Ja, die sind herrlich! Und die Ziegen am Wegesrand gibt’s immer noch wie ich sehe?! Die waren etwas aufdringlich, aber total süß!
    Große Verwunderung verursachte das „Wanderoutfit“ so mancher Spanierin. Dann erinnere ich mich auch noch an ein total tolles Picknick unterwegs mit fantastischer Aussicht. Danke fürs zurückbringen der tollen Erinnerungen!

    Leider hatte ich damals dort am Ende eines herrlichen Wandertags ein total trauriges Erlebnis: Jemand war den Hinweisschildern nicht gefolgt und hatte seinen den Hund nicht angeleint. Der fiel/sprang in den Kanal mit dem reißenden Wasser. Der verantwortungslose Hundebesitzer konnte nur noch hinterherschauen und den Hund hörte man noch einmal bellen… als er in einen der Tunnel des Kanals gespült wurde.

    Deine Tour in den Picos war glücklicherweise ein 100%iger Erfolg. Super Bilder und toll beschrieben! Wunderbar!

    • Hallo Claudia.
      Schön zu lesen, dass es tatsächlich noch andere Deutsche gibt, die den Weg in die wundervollen Picos gefunden haben und die meine Begeisterung teilen :-)
      Der Abschluss deiner Tour hört sich natürlich nicht so schön an. Kanäle werden leider häufig unterschätzt :-(
      Danke für dein Lob!
      Liebe Grüße, Nicole

  2. Ich kannte die Gegend auch nicht. Da muss ich unbedingt mal wandern. Danke für diesen Tipp und die schönen Bilder. Sieht wirklich super aus :) VG aus Brixen Südtirol

  3. Toller Bericht! Ich bin zur Zeit in den Picos de Europa und kann nur bestätigen, dass diese Landschaft traumhaft schön ist. Die Cares Schlucht werde ich in den nächsten
    Tagen durchwandern. Ich freue mich schon sehr…

  4. Susanna Ostendorf

    Hallo Nicole,
    wieder einmal bin aich bei unseren Reisevorbereitungen auf deinen Blog gestoßen. Wir wollen Ende August/Anfang September mit unserern dann 3,5j alten Zwillingen mit unserem T4 Bus nach Nordpanien. Die grobe Idee ist von San Sebastian bis Finisterre zu fahren, in ca 3 Wo. Die Picos sind fest eingeplant. Wir wandern gerne und sind geübt, und auch unsere beiden sind nicht fußfaul. Wir haben Kraxen und eine Tragen je nach Belieben dabei. Wäre die Caresschlucht- Wanderung auch was für uns 4? Liebe Grüße Susanna

    • Liebe Susanna,
      „wieder einmal“ klingt gut ;-) Die spanische Nordküste ist herrlich, da habt ihr eine tolle Route vor euch. Die Caresschlucht würde ich persönlich allerdings nicht mit so kleinen Kindern gehen. Die Tour ist zwar technisch einfach zu gehen, aber fast ausschließlich in der Sonne und eben lang. Eine Abkürzung oder ein Zurück per Öffis gibt es nicht. Kürzlich in der Bretagne war unsere längste Tour 12 km, das hat uns völlig gereicht. Unsere 3,5-Jährige ist einiges selbst gelaufen, daher kamen wir nur schneckenmäßig voran. In den Picos gibt es aber herrliche Alternativen, z.B. die Wanderung hoch nach Bulnes oder mit der Seilbahn nach Fuente Dé und dort oben laufen. Eine Idee wäre vielleicht auch, dass ihr mit eurem T4 nach Caín fahrt (dort kann man campen) und dann von dort ein Teilstück in die Caresschlucht hinein wandert. Ihr könnt dann selbst dosieren. Ich bin gespannt, wie ihr euch entscheidet. Ich würde mich sehr über ein Feedback nach eurer Reise freuen!!
      Eine schöne Zeit euch 4 in Nordspanien!
      Liebe Grüße, Nicole

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