Klammheimlich hat Frankreich auf meiner Lieblingsreiseziele-Liste Norwegen überholt, besonders die raue Bretagne hat es mir angetan. Nach unserem Roadtrip entlang der Nordküste im vergangenen Jahr wollte ich dieses Mal bis zum hinterletzten Zipfel, ganz in den Nordwesten, ans Ende der Welt: Ins Finistère.
Anfahrt ins Finistère
Wer schon immer mal wissen wollte, wie weit es bis zum Ende der Welt ist: Von Dortmund aus ist man in knapp 12 Stunden dort. In einem Rutsch schaffen wir die über 1.100 Kilometer allerdings nicht. Dieses Mal haben wir mit unseren autofahrmuffeligen Mädels eine neue Taktik ausprobiert: Wir sind erst abends mit ausgepowerten und satten Kindern losgefahren. Unser Plan, dass sie während der Fahrt einschlafen, ist trotzdem nicht so ganz aufgegangen, aber mit unserer Toniebox* und einem geliehenen DVD-Player* konnten wir immerhin sechs Stunden durchfahren, bevor wir ganz spartanisch auf einer Raststätte genächtigt haben. Am nächsten Tag erreichten wir nach vier Autostunden die Nordküste der Bretagne, wo wir „zum Aufwärmen“ zwei herrliche Tage verbrachten. Nach weiteren knapp drei Stunden Autofahrt erreichten wir das Finistère. Fazit: Hat sich bewährt, würde ich wieder so machen.
Was macht man so am Ende der Welt?
Das französische Département Finistère hat eine Menge zu bieten, wovon wir wieder mal nur einen Bruchteil gesehen haben. Der Bruchteil beträgt übrigens gerade mal 4% und heißt Crozon-Halbinsel – ein tolles Fleckchen Finistère zum „Versacken“.
#1 Wanderungen
Wie immer stand das Wandern ganz oben auf unserer Unternehmungsliste, und Wanderungen hat die kleine Halbinsel viele zu bieten. Wir sind entlang der Steilküste gewandert, haben an Traumstränden Pausen eingelegt, traurige Relikte aus dem zweiten Weltkrieg angeschaut und faszinierende Steinreihen aus der Steinzeit bewundert, sind durch leuchtend rote Heidelandschaften gelaufen und haben die Luv- und Lee-Seiten der Crozon-Halbinsel kennengelernt.
#2 Strand
Strandurlaub im Finistère? Jein. Für den klassischen Sommer-Sonnen-Badeurlaub kann ich den Nordwestzipfel Frankreichs nun wirklich nicht empfehlen. Trotzdem haben wir viel Zeit an den traumhaften, teils karibisch anmutenden Sandstränden verbracht. Wir haben Boule gespielt, Muscheln gesucht, bei Ebbe in den Pfützen gebuddelt und den angeschwemmten Plastikmüll aufgesammelt. Wir haben die Surfer bei ihrem Ritt auf den Wellen beobachtet (das will ich unbedingt auch mal probieren!) und zugesehen, wie Kinder ihre Drachen haben steigen lassen (Memo an mich selbst: Winddrache auf die Bretagne-Packliste setzen). Es gab aber ebenso die Sommer-Momente, wo wir ein Eis am Strand geschleckt und uns in die (er)frischen(den) Fluten des Atlantiks gestürzt haben. Strand geht halt immer, bei (fast) jedem Wetter.
#3 Galettes und Crêpes
Jeder weiß, dass die Crêpes aus Frankreich kommen, aber wusstet ihr auch, dass sie aus der Bretagne stammen? Dort wird außerdem streng zwischen Galettes und Crêpes unterschieden. Galettes werden mit Buchweizenmehl zubereitet (früher schlicht aus den Resten der Buchweizensuppe) und herzhaft belegt. Besonders lecker fand ich die Galettes „bretonnes completes“, die mit Kochschinken, Käse und einem Spiegelei bestückt werden. Aus den Galettes entwickelten sich die Crêpes, die mit süßen Zutaten wie Zucker, Nugatcreme oder Marmelade bestrichen werden. Ihr könnt sogar 3-Gänge-Menüs bestehend aus Galettes und Crêpes ordern. Die besten Galettes und Crêpes haben wir auf dem kleinen, gemütlichen Camping de la Mer genossen, wo im Sommer zwei Mal pro Woche ein Crêpes-Abend für die Campinggäste angeboten wird. Tipp: Unbedingt dazu den Kir breton probieren, ein Mischgetränk aus Cidre und Johannisbeerlikör. Mmmh!
#4 Océanopolis in Brest
Mit Schlechtwettertagen muss man im Finistère schon mal rechnen, aber auch dafür gibt es passende Programmpunkte. Wir haben im Hinblick auf eine Schlechtwetterfront den Campingplatz Gwel Kaër angesteuert. Nur einen Kilometer entfernt befindet sich nämlich der Bootsanleger, von dem aus Boote über die Rade de Brest hinüber nach Brest ablegen. Wir haben uns allerdings nicht die bedeutende Hafenstadt selbst angeschaut, sondern das größte Aquarium Frankreichs, das Océanopolis. Den Besuch kann ich wärmstens empfehlen, auch wenn unsere Mädels am Ende des Besuchs kurz vor der Reizüberflutung standen. Mir persönlich hat das Lehrbecken am besten gefallen. Unter Aufsicht der fachkundigen Mitarbeiter dürfen die Besucher die Tiere kurz anfassen und auf die Hand nehmen. Alle Fragen werden beantwortet, wobei modernste Technik zum Einsatz kommt. Per Unterwasserkamera werden beispielsweise Bilder auf einen großen Bildschirm gespielt, wo interaktiv Ausschnitte vergrößert, Details hervorgehoben und Fragen anschaulich beantwortet werden. Wirklich spannend für Groß und Klein!
Um Wartezeiten am Eingang zu vermeiden, empfehle ich, die Eintrittskarten bereits vorab online zu kaufen. Der Kombi-Kauf von Fährtickets und Océanopolis-Eintrittskarten ist übrigens günstiger als der Einzelkauf. Das Kombi-Angebot gibt es direkt bei der Fährgesellschaft La Brestoa.
Fähre Le Fret – Océanopolis plus Eintritt
#5 Camaret-sur-Mer
Camaret-sur-Mer war für uns ein ideales „Basecamp“, um ohne Anfahrtswege verschiedene Unternehmungen direkt ab dem örtlichen Campingplatz zu starten. Während ich dem zwei-Sterne-Platz Camping municipal du Lannic selbst eine solide 3 gebe, ist seine Lage top. Wir haben zwei Wanderungen unternommen, am Strand gechillt, das Hafenfest „Voiles de Camaret“ mit traditionellen Booten sowie buntem Unterhaltungsprogramm besucht, sind durch den Hafen mit dem berühmten Wehrturm Tour Vauban flanniert und abends lecker Essen gegangen (uns hat es bei Chez Phillippe super geschmeckt bei noch dazu guten Preisen).
#6 Quimper
Da man die Hauptstadt des Finistère wohl kaum auslassen darf, haben wir Quimper noch flott einen Kurzbesuch abgestattet. Die Stadt am Zusammenfluss von Jet, Steïr und Odet bietet alles, was man für einen netten Stadtbummel nach einem ausgedehnten Natururlaub so braucht: Gemütliche Gassen, windschiefe Fachwerkhäuser, eine alles überragende Kathedrale, Blumen geschmückte Brücken über die Flüsse, eine trubelige Markthalle und natürlich reichlich Cafés und Crêperien.
Fürs nächste Mal Finistère…
Da wir ja immer im Schneckentempo reisen, sind genügend Punkte für mindestens eine weitere Reise ins Finistère auf meiner Bucketlist verblieben:
- UNBEDINGT möchte ich noch den Leuchtturm im Meer an der Pointe du Raz sehen. Dieses Mal hatte ich allerdings die Sorge, dass wir dort im August in einen Massenansturm geraten. Vielleicht also besser in der Nebensaison, eventuell im Herbst, mit ordentlichen Wellen.
- Auch die Insel Ouessant steht noch fett auf meiner Wunschliste. Am liebsten aber für mehr als nur einen Tagesausflug.
- Der verwunschene Wald Huelgot, die Mittelalterstadt Concarneau, diverse schöne Leuchttürme – hach, es gibt noch so Vieles zu entdecken!
Super-duper-mega-Rückreise-Tipp
Rückreisen sind ja eigentlich nie schön, ich jedenfalls kann mich am Ende eines jeden Urlaubs nur schwer vom Reiseziel trennen. Dieses Mal haben wir uns die Rückfahrt allerdings perfekt versüßt. Um den langen Rückweg etwas abzukürzen, haben wir zunächst noch zwei Strandtage „etwas weiter vorne“ in der Bretagne, in Locmariaquer, eingelegt.
Unseren Rückreisetag haben wir mittags mit einem Abschlussbummel durch die hübsche Hafenstadt Auray eingeleitet, wo wir uns ein letztes Mal mit den leckeren Galettes bretonnes complettes gestärkt haben. Von Auray sind wir dann 4 Stunden bis nach Cabourg in der Normandie gefahren, das nur einen viertelstündigen Abstecher von der Autobahn entfernt liegt – und direkt am Meer! Statt des Abendsbrots auf einer Autobahnraststätte haben wir ein Picknick im Sonnenuntergang am Merville-Franceville-Plage eingelegt. Ein perfekter Ausklang für eine tolle Reise! Natürlich ist die Pause etwas länger ausgefallen als ein Boxenstopp an der Raststätte, aber hey! Für einen letzten lauen Abend am Strand mit einem traumhaften Sonnenuntergang über dem Meer komme ich gerne ein Stündchen später in der Nacht nach Hause. Zudem haben sich die Mädels am Strand noch mal richtig ausgepowert. Mit etwas Autokino konnten wir sie bis zum Einschlafen ruhig stellen, so dass wir die 8 Stunden Nachtfahrt bis nach Hause gut bewältigen konnten.
Den Cabourg-Tipp habe ich übrigens von einer Blog-Leserin, die mich als Ausreisserin in Locmariaquer erkannt hat :-) Danke für die tolle Idee, Steffi, und ich hoffe, du hattest einen schönen Geburtstag in Cabourg!
Die Bretagne und vor allem das Finistère ist facettenreich. Welche Sehenswürdigkeit reizt euch an dieser Gegend am meisten?
* Amazon-Partnerprogramm
Alle verlinkten Produkte sind bei uns im Einsatz und haben sich für uns bewährt. Wenn ihr über meine Links bestellt, bekomme ich eine kleine Provision zur Aufbesserung unserer Reisekasse, während ihr natürlich keinen Cent mehr bezahlt. Danke!
Ich mag die ganze Gegend und kann gar nicht genug bekommen. Le Conquet ist ein wunderschönes Fischerörtchen und natürlich die Inseln Ouessant und Ile de Sein.
liebe Grüße
Gabi
Ich weiß ;-) Du hast mich ja ursprünglich mal auf den Geschmack gebracht mit deinen tollen Fotos und Berichten. Le Conquet, Ouessant und das Aber-Gebiet peilen wir wahrscheinlich beim nächsten Mal an.
LG, Nicole
die Bretagne ist einfach wunderschön, ich war im September auch wieder dort, allerdings mal wieder an der Côte de Granit Rose. Kir Breton kenne ich übrigens mit Cidre und Johannisbeer- oder Brombeerlikör. Eins meiner Lieblingsgetränke.
LG
Hey Melli, ich weiß, deine Bilder auf Insta haben bei mir sofort wieder Bretagne-Weh erzeugt :-) Und natürlich ist Cidre richtig, nicht Weißwein. Danke für die Korrektur!! Mit Brombeere kann ich mir das Getränk auf jeden Fall auch gut vorstellen.
Liebe Grüße, Nicole
Liebe Nicole,
Herzlichen Dank für Deine schönen Reiseberichte! Ich plane gerade unsere Sommerferien mit unseren drei Kindern in der Bretagne und bin deshalb auf deinen Blog gestoßen. Dabei habe ich entdeckt, dass wir außer der Reiselust noch eine weitere Gemeinsamkeit haben: unsere 2. Tochter (mittlerweile 10) hat ebenfalls ein Down-Syndrom! Schön, dass es euch allen nach den schwierigen ersten Monaten gut geht und ihr nun gemeinsam eurer Reiselust frönen könnt ?…
Schöne Grüße aus Berlin
Elke
Liebe Elke,
vielen Dank für dein Lob! Ich wünsche dir viel Spaß bei der Reiseplanung und euch allen ganz viel Spaß im Sommer in der Bretagne! Es ist so herrlich dort. Ich finde es immer wieder toll, wenn ich Familien treffe, die ebenfalls mit Kind mit Down-Syndrom (individuell) reisen. Falls ihr auch wandert, bald kommt noch ein Bericht mit familientauglichen Wanderrouten :-)
Liebe Grüße aus Dortmund,
Nicole
Hallo Nicole,
ein spannender Blog – danke für die tollen Eindrücke! Wir reisen im kommenden Juli mit der Familie ins Finistère, die Crozon-Halbinsel steht auch auf unserer Ausflugsliste.
Reiselustige Grüße aus dem Norden
Janina
Hallo Janina,
danke für das liebe Feedback! Ich wünsche euch eine tolle Zeit im Finistère, die Gegend ist ein absoluter Traum und man kann gefühlt mit keinem Ausflugsziel etwas verkehrt machen :-)
Liebe Grüße aus dem Ruhrpott,
Nicole
euer Trip durch die Bretagne sieht sehr gelungen aus. wir sind nun auch aus Dortmund auf dem Weg. Camping- oder Stellplatz-Tipps habt ihr in eurem Blog aber nicht verlinkt?
Hallo Miriam,
die (aus meiner Sicht guten) Campingplätze habe ich überall verlinkt oder namentlich benannt, wenn sie keine eigene Webseite haben (einfach bei Maps suchen).
Viel Spaß in der Bretagne!
Nicole