Nachdem das Mittelmeer und die wilde Costa Brava uns deutlich länger in ihren Bann gezogen hatten als ursprünglich geplant, blieben uns auf unserer Rückreise durch Frankreich nur etwa 4-5 Tage für Zwischenstopps. Nicht gerade viel, also musste die Zeit sinnvoll genutzt werden. Auf meiner Wunschliste standen die Carmarque, die Provence, die französischen Alpen und die Cevennen. Die Carmarque strichen wir, weil der Reiseführer von wahren Mückenplagen im Spätsommer berichtete. Die Provence erstrahlt etwa von Mitte Juni bis Ende August in ihrer lila Lavendel-Pracht, von daher fiel sie Ende September ebenfalls raus. Da ich den Alpen gerne mehr Zeit am Stück schenken möchte, steuerten wir nach Ausschlussverfahren die Cevennen an. Gute Wahl!
Übernachtungstipp
Bis Millau schafften wir es nicht in einem Rutsch. Per Zufall entdeckten wir den Autobahnrastplatz Le Caylar an der A75, ein ausgewiesener, kostenfreier Wohnmobilstellplatz und Glücksgriff für uns. Wir standen dort sicher in guter Gesellschaft, es war verhältnismäßig ruhig, und wir konnten die sauberen sanitären Anlagen des Rastplatzes nutzen.
Cevennen: Was macht ihren Reiz aus?
Die Cevennen bieten dem Besucher ganz grob gesagt drei landschaftliche Highlights:
- Gebirgsmassive, nämlich die Haute Cévennes (Hoch-Cevennen) mit den beiden höchsten Erhebungen Mont Lozère (1.699 m) und Mont Aigoual (1.567 m),
- karge, fast menschenleere Hochebenen, die Causses, allen voran der große Causse Méjean (800 – 1.247 m Höhe, 340 km² Fläche, 1 Einwohner/km²!!)
- und nicht zuletzt die tiefen Schluchten, die die Flüsse in die Cevennen-Täler gegraben haben.
Wir statteten allen drei Landschaftsformen einen Besuch ab.
Chaos de Montpellier-le-Vieux: Bizarres Felsenmeer
Unser erstes Ziel war das Felsenmeer Chaos de Montpellier-le-Vieux, das sich nahe der Stadt Millau auf dem Causse Noir befindet. Zwar gibt es in den Cevennen noch weitere, kostenfreie Felsenmeere, dieses aber sollte das eindrucksvollste von allen sein, Europas größtes Felsenmeer und UNESCO-Weltnaturerbe eben. Der Vergleich fehlt mir natürlich, aber das Chaos de Montpellier-le-Vieux war mir die 6,60 Euro Eintritt pro Person absolut wert. Schon allein deshalb, weil wir dort endlich, endlich, endlich mal wieder entspannt wandern konnten. Das Parkcenter verleiht nämlich kostenfrei Kraxen, in der Lotta im Gegensatz zur Babytrage über drei Stunden völlig zufrieden zugebracht hat – ein Traum!
Durch das Felsenmeer führen verschieden lange Rundwanderwege, von denen wir den längsten wählten. Gut drei Stunden wanderten wir vorbei an allerlei skurrilen Felsformationen, die mit etwas Phantasie der Sphinx oder dem Arc de Triumph ähnelten. Hinweistafeln erläuterten jeweils, was wir in den Felsen erkennen sollten. Pah, der eigenen Phantasie freien Lauf zu lassen, war viel, viel lustiger!
Als wir gerade bestens auf einer der Aussichtsplattformen platziert waren, tauchte das nächste Highlight auf: Ein Geier kreiste gemütlich in der Nachmittagssonne über unseren Köpfen. Vor Jahren in den Pyrenäen hatte ich vergeblich nach den majestätischen Seglern Ausschau gehalten, jetzt konnte ich endlich mal einen wilden Geier in freier Natur beobachten – herrlich!
Eigentlich waren die Geier in den Cevennen bereits ausgerottet, seit 1981 wurden Gänsegeier und Mönchsgeier mit riesigem Aufwand wieder in ihrem ursprünglichen Lebensraum ausgewildert. Ein toller Erfolg! Mittlerweile ist auch der Schmutzgeier in die Cevennen zurückgekehrt.
Tipps & Infos
Einfache Wanderung für Jedermann, festes Schuhwerk ist aber ratsam. Alternativ ist ein Teil des Felsenmeers per Bimmelbahn zu besichtigen, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass das Erlebnis nur annähernd mit der Wanderung vergleichbar ist. Natur muss eben mit eigener Kraftanstrengung erlebt werden.
Fahrt durch die imposante Tarn-Schlucht
Auch Nicht-Frankreich-Kenner (wie ich bis dato) haben meist schon mal etwas von der Ardèche-Schlucht gehört, die der gleichnamige Fluss tief in den Fels gegraben hat. Ein Paradies für Kanufahrer (wenn auch nicht gerade bei Niedrigwasser Ende September). Die nah gelegene Tarn-Schlucht sagte mir nichts, wobei sie der Ardèche in nicht viel nachstehen soll. Mich hat sie jedenfalls schwer beeindruckt!
Unsere Fahrt führte uns von Le Rozier bis Ispagnac. Rechts von uns schlängelte sich der Tarn durch die Schlucht, auf unserer linken Seite ragten die Felswände der Causse Sauveterre teils senkrecht empor. Anmutig, Respekt einflößend, gewaltig.
Inmitten dieser schroffen Landschaft passierten wir immer wieder kleinste Dörfer, die an die steilen Felswände geklebt zu sein schienen. Einige Dörfer auf der anderen Flussseite haben keine Straßenanbindung, deren Versorgung geschieht über Lastenseilbahnen, die über den Tarn gespannt sind. Leben wie im 19. Jahrhundert.
Ein Highlight auf der Strecke war der Abstecher zum Aussichtspunkt Point Sublime, den man auf gar keinen Fall auslassen sollte. Die Aussicht auf die Tarn-Schlucht ist großartig! Ein idealer Ort für ein kleines Picknick. Wer es lieber sportlich mag, kann den Aussichtspunkt aus der Schlucht heraus auch in einer knappen Stunde zu Fuß erklimmen.
Ein weiteres Muss ist das Dörfchen Saint-Chély-du-Tarn. Über einige Treppen gelangt man hinunter ans Ufer des Tarn, von wo aus man einen herrlichen Blick in die Schlucht und auf die Steinbrücke hat, die den Fluss überspannt.
Normalerweise sollte ein Tag für die Tour durch die imposante Schlucht ausreichen, mit Baby schafften wir es allerdings nur bis Sainte-Enemie. Da alle Campingplätze in der Schlucht ihre Saison bereits beendet hatten, übernachteten wir auf Parkplatz in Sainte-Enemie, der nett und ruhig am Flussufer lag (eigentlich ist das Wildcampen in der gesamten Schlucht verboten, aber nach Saisonende wird es zumindest toleriert). Das Örtchen selbst ist ganz schön, vor allem in der Dunkelheit, da die Kulisse nett angestrahlt wird.
Wanderung im Mont Lozère-Massiv
Unsere Weiterfahrt führte uns über das Mont Lozère Massiv, wo sich uns die Cevennen von einer ganz anderen Seite zeigten. Die flache Vegetation verriet, dass hier oben manchmal ordentliche Winde drüber fegen.
Wir hielten am Col de Finiels (1.541 m), wo wir bei herrlichem Sonnenschein eine kleine Rundwanderung einlegten. Die kleine Runde hat mir persönlich ausgereicht. Die Landschaft ist zwar sehr schön, sie lässt sich aber schon mit kurzen Fotostopps sehr gut erfassen.
Wir hatten kurz überlegt, hier oben auf dem Pass zu übernachten, allerdings frischte der Wind auf, und die Nächte waren Ende September ohnehin recht kühl. Wir entschieden uns daher für die Talfahrt, wo wir auf einem sehr günstigen Campingplatz mit heißer Dusche einkehrten. Ja, manchmal sind wir halt Warmduscher ;-)
Ihr habt Fragen oder weitere Tipps für die Cevennen? Dann lasst mal hören!
Hallo Nicole,
ich habe vor kurzem deinen Elternzeitbericht entdeckt, toll. Unsere ist schon ein Jahr wieder vorbei, nicht so lang am Stück aber dazu schreib ich vlt weiter vorne was.
Wir wollen im September 3 Wochen in die Cevennen /Auvergne/Languedoc mit Zwillingen dann 1,5Jahre alt und nem VW Bulli. Kannst du mir die Campingplätze nennen, die ihr dort noch angesteuert habt? Oder falls es noch andere INsider Tipps gibt? Wir haben 2 Kraxen dabei, keinen Kinderwagen oder Buggy und werden auch wandern wollen. LG Susanna
Ah jetzt seh ich die Campingplätze links auf der Seite einzeln…hab mich so von den Fotos beeindrucken lassen und war unten auf der Seite angekommen…
Hi Susanna,
die Gegend ist wunderbar, da werdet ihr viele tolle Wandermöglichkeiten haben! Mit Zwillingen im VW-Bulli, cool! Schreib mir doch später mal, wie das geklappt hat. Wir werden ja bald auch mit zwei Kids (20 Monate Unterschied) unterwegs sein und müssen uns dann bzgl. Equipment neu aufstellen.
Eine tolle Reise euch!! Würde mich über Feedback nach eurer Tour sehr freuen!
Liebe Grüße, Nicole
Pingback: Reisen mit Baby - Experten-Interview mit Nicole von Ausreißerin
Uns gefällt das Tarntal noch besser als die Ardèche-Schlucht. Waren jetzt schon 3x dort. Dir Cevennen sind außerdem das am wenigsten besiedelte Gebiet Frankreichs.
Hallo Janina,
mir fehlt immer noch der Vergleich, aber das Tarn-Tal ist wirklich herrlich. Der Reiz der Cevennen liegt für mich auf jeden Fall in der dünnen Besiedelung und der damit einhergehenden Natur.
VG, Nicole