Manchmal stößt man ganz aus Zufall auf die tollsten Sehenswürdigkeiten! Kennt ihr das? Ich hatte unsere Fähre nach Norwegen gebucht, und da diese recht früh morgens im dänischen Hirtshals in Richtung Kristiansand ablegte, plante ich, bereits am Vortag anzureisen und in Hirtshals zu übernachten. Bei der B&B-Suche bin ich über Fotos von einem versandeten Leuchtturm gestolpert. Was war da passiert?
Ich googelte nach „Rubjerg Knude“, das ich der Bildunterschrift entnommen hatte, und fand heraus, dass es sich dabei um eine der größten Wanderdünen Europas handelte, die einfach mal einen Leuchtturm samt seiner Nebengebäude geschluckt hat. Das Naturschauspiel musste ich live sehen!
Anfahrt
Der Rubjerg Knude Fyr befindet sich an der Steilküste zwischen den beiden Ortschaften Lønstrup und Løkken, etwa eine halbe Stunde von Hirtshals entfernt. Den kleinen Schlenker konnten wir problemlos einschieben. Wir fuhren von der Autobahn ab, steuerten auf Løkken zu und bogen in Richtung Lønstrup ab. Hier sollte es eine Steilküste geben? Es gab nur plattes Land, soweit das Auge reichte. Wir parkten unser Auto auf einem kleinen Parkplatz am Rubjergvei und stapften los entlang des Fyrvejen in Richtung Küste. Der Weg führte uns vorbei an Wiesen, Ackerflächen und Büschen. Von Steilküste war jedenfalls weit und breit nichts zu sehen. Waren wir überhaupt richtig hier? Und ob! Hinter dem ganzen Grün erspähte ich endlich einen gold-gelben Sandhaufen, aus dem ein Leuchtturm hervorragte.
Je näher wir dem Sandhaufen kamen, desto deutlicher wurden seine Ausmaße. Rubjerg Knude erreicht eine Länge von bis zu 1.900m sowie eine Breite von bis zu 400m. Den bereits ausgetretenen Spuren folgend kraxelten wir die Sanddüne empor, hinauf zum nördlichen „Gipfel“. Was ein Ausblick! Vor uns fiel die Sanddüne steil ab zum Meer, so um die 80m. Südlich von uns lag der Leuchtturm, umgeben von einem Trümmerfeld, was einmal die Nebengebäude waren.
Rubjerg Knude Fyr: Der versandete Leuchtturm
Der 23m hohe Knude Rubjerg Fyr samt seiner vier Wärterhäuschen wurde damals 60m über dem Meer, also auf dem höchsten Punkt des Küstenabschnitts, und gut 200m im Landesinneren gebaut. Bei seiner Eröffnung im Jahre 1900 waren keine größeren Sanddünen in der Nähe. Mit der Zeit fraß sich jedoch das Meer immer weiter in das Land hinein; die Küstenlinie verschob sich pro Jahr etwa 1-2m landeinwärts. Gleichzeitig wehte der Wind erhebliche Sandmengen die Steilküste hinauf und erschuf somit Rubjerg Knude.
Über die Jahre versuchte man immer wieder, die Sandmassen einzudämmen: Der Sand wurde abtransportiert, Kiefernzweige sollten den Flugsand abhalten, die Bepflanzung mit Strandhafer sollte dem Wachstum der Düne Einhalt gebieten. Nichts half. Am 1. August 1968 wurde der Betrieb des Leuchtturms schließlich eingestellt. Zu Beginn der 1990er Jahre stellte die dänische Regierung das gesamte Gebiet unter Naturschutz, so dass der Sand frei wandern konnte. Die vier Wärterhäuschen wurden vollständig von der Wanderdüne verschluckt und mittlerweile in Form von Backsteinen und Mauerresten wieder ausgespuckt. Der Leuchtturm selbst blieb verschont: Abwinde an den Turmfassaden schufen eine Mulde um den Sockel des Fyr, die noch immer sichtbar war.
Wir rutschten hinunter zum Fuße des Leuchtturms und wanderten zwischen den Ruinen umher. Die Abbruchkante der Steilküste war bereits bis zu den Wärterhäuschen vorgerückt. In einigen Jahren wird wohl auch der Leuchtturm selbst ins Meer hinab stürzen. In solchen Momenten wird mir die Kraft der Natur immer ganz deutlich bewusst!
Die Natur ist unerbittlich und unveränderlich, und es ist ihr gleichgültig, ob die verborgenen Gründe und Arten ihres Handelns dem Menschen verständlich sind oder nicht.
— Galileo Galilei
Bevor wir uns dem Wind und dem einsetzenden Regen geschlagen gaben, erklommen wir noch flott den „Südgipfel“ von Knude Rubjerg, um das Fyr noch aus der anderen Perspektive fotografieren zu können. Anschließend schlitterten wir die Sanddüne hinab und verabschiedeten uns von dem Leuchtturm.
Das Naturschutzgebiet hat noch mehr zu bieten!
Der Ausflug zum Rubjerg Knude Fyr war ein wirklich lohnenswerter Abstecher! Mit etwas mehr Zeit im Rücken kann man noch herrlich die Düne entlang spazieren, die nähere Umgebung erkunden, z.B. die ca. 2km entfernte Ruine der alten Kirche von Rubjerg, und die Ausstellung zu diesem Gebiet im alten Hof des Strandaufsehers besuchen.
Ich wünschte allerdings, ich wäre schon einige Jahre zuvor dort gewesen, als die Wanderdüne ihr Zentrum direkt über dem Standort des Leuchtturms hatte – das sah sicherlich spektakulär aus. Bei meiner nächsten Norwegen-Reise werde ich auf jeden Fall wieder einen Abstecher zu Rubjerg Knude machen. Das Spannende ist ja schließlich, dass sich die Landschaft stetig verändert, und sich mir beim nächsten Mal wieder ein ganz anderes Bild bieten wird.
Update! Rubjerg Knude in 2019
Es hat sich viel getan seit unserem Besuch in 2013. Zwischenzeitlich wurde der Leuchtturm saniert und ist seit dem Frühjahr 2016 wieder für die Besucher freigegeben. Das Vergnügen währte allerdings nicht lange. Die starken Winterstürme der letzten zwei Jahre haben der Steilküste ordentlich zugesetzt, so dass der Leuchtturm schneller als erwartet ins Meer gestürzt wäre. Genau, Konjunktiv Irrealis, denn die Dänen haben den kompletten Fyr in dieser Woche etwa 70 Meter ins Inland versetzt. Verrückt? Und wie! Auf einer Art Rollschuh wurde der Leuchtturm mit einer Geschwindigkeit von acht Metern pro Stunde über Schienen an seinen neuen Standort verschoben. Bilder und Videos von dem spektakulären Umzug könnt ihr euch auf der Facebook-Seite von Visit Loenstrup ansehen.
Habt ihr den versandeten Leuchtturm schon mal besucht? Wann und wie sah die Landschaft zu der Zeit aus? Falls ihr noch nicht dort wart, konnte ich euer Interesse für Rubjerg Knude und das Fyr wecken?
Rubjerg Knude 1992:
[Link nicht mehr aktiv]
Danke für das Foto! Spannend zu sehen, wie es damals aussah. Da konnte man ja sogar noch den Leuchtturm besteigen.
Schon seit Jahren will ich dort mal hin – aber die Zeit ist immer knapp auf dem Weg nach Hirtshals zur Fähre. Das nächste Mal wird dort auch eine Übernachtung eingeplant. Danke für die schönen Fotos und den informativen Artikel !
Danke für das nette Feedback! Die erste Fähre morgens war in unserem Fall preislich viel günstiger, trotz zusätzlichen Übernachtungskosten. Die Kombi, abends anreisen und morgens ohne Hetze zur Fähre fahren, fand ich sehr entspannt. Und der Nebeneffekt, den Ruberg Knude sehen zu können, hat sich ohnehin schwerst gelohnt. Ich hoffe, du schaffst den Zwischenstopp beim nächsten Mal, denn ich bin sehr gespannt auf deine Bilder. Die Landschafts- und Tierfotos auf deiner Webseite sind beeindruckend!
Ich hoffe, dass es Ende August klappt :)
Freut mich sehr, dass Dir meine Fotos gefallen ! Danke !
Ja, der Leuchtturm Rubjerg Knude ist fantastisch schön. Wir waren bereits drei- bzw viermal dort (letztens 2x im selben Urlaub). Inzwischen gibt es auch wieder eine funktionierende Treppe im Inneren des Turmes, so dass man die tolle Aussicht genießen kann.
Schöne Bilder habt ihr da gemacht!
LG aus dem hohen Norden,
Hartmut
Da sich die Landschaft dort stetig verändert, kann man den Leuchtturm ja auch immer wieder besuchen. Auf die Treppen bin ich auch schon gespannt. Hab eure Fotos gesehen, die machen große Lust auf den nächsten Besuch.
Liebe Grüße an euch vier Nordlichter,
Nicole
Hallo zusammen,
wir waren jetzt in Dänemark und es ist ein “ MUSS “ den Leuchtturm zu besuchen.
In den letzten Jahren ( seid Mitte der 90 er Jahre ) besuchen wir immer den Leuchtturm, und das ist fast jedes Jahr.
Nun ist der Turm wieder begehbar gemacht worden und wir hatten dieses Mal ein riesen Glück. Es war ein wunderschöner Tag mit Sonne, kaum Wolken am Himmel und fast Windstill. Die Aussicht von dem Turm war unbeschreiblich schön, wenn man über das Meer geblickt hat konnten man sogar die Erdkrümmung sehen.
Es war einfach ein sensationelles Erlebnis was ich nur jedem empfehlen kann.
Wir werden nächstes Jahr wieder Dänemark besuchen – ein festes Ausflugziel haben wir jetzt schon, das wird der Leuchtturm sein.
Grüße
Hallo Torsten,
da spricht ein echter Fan! Und das kann ich voll und ganz verstehen. Ich finde ohnehin, dass Leuchttürme einen ganz eigenen Charme haben, gegen den man sich nicht wehren kann. Und dieser ist noch mal etwas ganz Besonderes. Dass er wieder begehbar ist, habe ich schon gelesen, seitdem juckt es mich auch nochmals doppelt. Ich bin auf jeden Fall sicher, dass ich nicht das letzte Mal dort war, auch wenn ich eure Frequenz niemals toppen kann :-)
Liebe Grüße und schöne Weihnachten!!
Schöner Bericht! Wir waren dieses Jahr dort, am letzten Tag des Jahres, bevor er für seine Verschiebung 80 Meter weiter ins Inland abgesperrt wurde. Diese steht noch aus, ich bin sehr gespannt wie es funktioniert.
Die Treppe hinauf habe ich mich nicht getraut… Aber die Düne war ein fantastisches Erlebnis.
Liebe Heike,
danke für deinen Kommentar! Ich hatte gar nicht mehr auf dem Schirm, dass die Verschiebung nun akut wird. Ich bin jedenfalls auch sehr gespannt, wie das alles läuft, und werde es dank deiner Erinnerung nun verfolgen.
LG, Nicole