Der berühmte Preikestolen zählt zu den beliebtesten Wanderzielen in ganz Norwegen. Weit über 200.000 Besucher wandern pro Jahr hinauf zu der markanten Felskanzel, die 604 m über dem Lysefjord thront. Kein Wunder: Die Kulisse des „Predigerstuhls“ vor dem türkisen Lysefjord ist traumhaft, und der Adrenalinkick, den man an der Kante des Preikestolen verspürt, sorgt für einen wahren Sinnesrausch. Trotz des Massenauflaufs wollte ich mir dieses Erlebnis auf gar keinen Fall entgehen lassen. Um die schöne Kulisse aber auch ohne Menschenmassen genießen zu können, planten wir, oben beim Plateau zu zelten. Soweit die Theorie…
Aufstieg mit Sack & Pack
Wir packten unsere Rucksäcke mit dem Nötigsten für eine Nacht: Zelt, Isomatten, warme Schlafsäcke, Kocher, Geschirr, Essen und Wasservorräte, Taschenlampen, Zahnbürste & Co., Regenkleidung sowie eine Wechselgarnitur. Unser Auto parkten wir auf dem kostenpflichtigen Besucherparkplatz bei der Hütte Preikestolen Fjellstue, der trotz wechselhaften Wetters nahezu voll belegt weg. Den Einstieg zur Wanderung konnten wir dann auch nicht verfehlen: Immer den Massen hinterher. Oh je, das konnte ja heiter werden…
Gleich die ersten Meter hatten es in sich: Der rutschige Schotterweg führte steil bergan und brachte mich unerwartet flott ins Schwitzen. Nanu, wie konnte das passieren? Mir als Sportlerin und recht erprobte Wanderin ging es nicht anders als all den Gelegenheitswanderern, die die Tour schlimmstenfalls sogar in luftigen Trägertops und dünnsten Leinenschühchen antraten. Mein Weltbild geriet ins Wanken. Kaum hatten wir die Schotterpiste hinter uns gelassen, lief es bei mir wieder wie am Schnürchen. Auf Felsplatten und Blockgestein bewegte ich mich wieder gewohnt sicher fort.
Nachdem wir eine kleine Moorlandschaft sicher und trockenen Fußes über einen Holzsteg durchquert hatten, folgte eine sehr steile Passage über grobes, teils treppenartiges Blockgestein. Danach durchwanderten wir eine felsige, von kleinen Seen gespickte Hochebene, die immer wieder nette Anblicke bot, bevor uns die nächste und letzte große Steigung dem Preikestolen schon sehr nahe brachte. Unterwegs konnten wir noch eine kleine Kuriosität bestaunen:
Lysefjord-Blick: Das Ziel naht!
Nach knappen 4 km Wegstrecke, 330 Höhenmetern und guten 1,5 Stunden Gehzeit eröffnete sich uns endlich der ersehnte Traumausblick auf den Lysefjord. Phantastisch! Klar, Sonnenschein wäre toll gewesen, aber ich finde, dass Wind und Wolken der rauen norwegischen Landschaft noch eine besondere Dramatik verleihen.
Der weitere Weg bis zur Felskanzel zog sich immer an der Abbruchkante zum Fjord entlang. Nach wenigen Minuten hatten wir schließlich unser Ziel, den Preikestolen, erreicht. Hier bekam mich mit Sicherheit keiner so schnell wieder weg!
Preikestolen: Markantes Felsplateau mit Traumaussicht
Wie legten unsere Rucksäcke ab und inspizierten erst mal jede Ecke der imposanten Felskanzel. Dabei stand der Auslöser meiner Kamera unter Dauerdruck. Wie die meisten wollte ich am Preikestolen nicht nur die Aussicht, sondern auch die Tiefsicht genießen. Ich pirschte mich an die Abbruchkante des Felsplateaus heran, langsam und mit gehörigem Respekt. Einen Meter vor der Kante setzte ich mich hin und rutschte auf dem Po nach vorne, bis ich meine Beine frei baumeln lassen konnte – 604 m über dem Lysefjord. Ein erhebendes Gefühl! Einfach nur geil!
Jetzt wollte ich unbedingt noch Panoramafotos von mir auf der spektakulären Felskanzel haben, in erster Reihe und mit möglichst wenig fremden Personen im Bild. Natürlich war ich mit diesem Wunsch nicht alleine. Ich stand also brav an und wartete, bis ich an der Reihe war. Zum Glück hielt sich bei diesem wechselhaften Wetter der Menschenansturm insgesamt in Grenzen.
Übernachten am Preikestolen: Theorie und Praxis
Der Wind pfiff uns um die Ohren, und so langsam wurde mir frisch. Zeit, das Zelt aufzubauen. Ein paar Meter vom Plateau entfernt kraxelten wir auf einem markierten Weg ein Stückchen hinauf. Zwischen den Felsen befanden sich kleinere Grünflächen, wo wir theoretisch unser Nachtquartier einrichten wollten. In meiner Vorstellung hätten wir abends tolle Ausblick von oben auf den menschenleeren Preikestolen mit dem Lysefjord im Hintergrund genossen. Am nächsten Morgen wären wir sehr früh aus unserem Zelt gekrabbelt, um die ersten Sonnenstrahlen über den Bergen einzufangen und in Ruhe unser Frühstück vor einer atemberaubenden Traumkulisse zu genießen. Tja, schön wär`s gewesen. In der Praxis waren die Grünflächen regen-überflutet und morastig, statt Zelt hätten wir eher ein Schlauchboot gebrauchen können. Wir suchten und suchten (die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt), bis wir irgendwann resigniert einsehen mussten, dass unser grandioser Plan gescheitert war. Vor lauter Frust vergaß ich auch noch, von dort oben das herrliche Postkarten-Panorama-Foto vom Preikestolen vor dem Lysefjord zu schießen. Verdammt.
Kommando zurück!
Schweigend und grummelnd machten wir uns an den Abstieg. Getrieben von dem Wunsch, diese Niederlage schnell hinter uns zu lassen, erreichten wir unser Auto in unter 1,5 Stunden. Unser Zelt schlugen wir schließlich auf dem nicht weit entfernten Preikestolen Camping auf. Nach einer heißen Dusche hatte ich meinen Frust so weit abgebaut, dass ich mit dem Gedanken an das herrliche Lysefjord-Panorama einschlafen konnte.
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Die Wanderung gehört definitiv in die Kategorie „leicht“ und kann so ziemlich von jedem geschafft werden. Wir haben sogar eine Familie mit zwei Kindern (6 und 3 3/4 Jahren) getroffen, die die Strecke (mit etwas Hilfestellung beim groben Blockgestein) ganz wunderbar gemeistert haben. Trotzdem empfehle ich jedem festes Schuhwerk für die Tour! Wer keine Wanderschuhe besitzt, sollte zum Beispiel Turnschule mit ordentlicher Profilsohle tragen. Weiterhin gehören etwas Proviant und Wasser sowie eine Fleece- und/oder Regenjacke in den kleinen Tagesrucksack. Um den großen Massenansturm zu meiden, sollte man möglichst früh oder auch erst gegen Abend losgehen, was im Sommer durch die lange Helligkeit kein Problem ist.
Alternative: Geführte Nachtwanderung
Auch wenn unser Übernachtungsvorhaben gescheitert ist, hat sich die Wanderung zum Preikestolen in jedem Fall gelohnt – allerdings hätten wir uns natürlich die Schlepperei der dicken Rucksäcke sparen können. Eine Alternative zur Übernachtung bei der Felskanzel ist übrigens eine Nachtwanderung, wie sie Bruder Leichtfuß unternommen hat. Schaut mal rein, die Fotos vom Sonnenaufgang über dem Lysefjord und dem Preikestolen sind traumhaft!
Wart ihr auch schon mal auf dem Preikestolen? Wie hat euch die Tour gefallen?
Der Preikestolen und seine Überraschungen manche finden eben keinen Zeltplatz uns manche gehen den Weg innerhalb 24 Stunden zweimal ;-) http://bulliverreisen.de/norwegen-wanderung-zum-preikestolen/
Nicht schlecht! Geduld und (doppelter) Einsatz zahlen sich am Ende aus :-)
Wir waren vor drei Jahren im Hochsommer dort und haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Wir haben sogar Leute in Flipflops gesehen, die den Weg geschafft haben. Das ist aber definitiv nicht zu empfehlen, denn oben ist die Kante echt und es geht wirklich sehr sehr weit runter. Uns wundert immer, dass dort nicht jeden Tag ein Unglück passiert. Aber dennoch muss man diesen Ort mindestens einmal gesehen haben. Das Panorama ist wunderschön.
Ich glaube, wir Deutschen sind zu sehr an Zäune, Absperrungen und Co. gewöhnt. Die Norweger lieben ihre Natur und haben den nötigen Respekt vor ihr, daher passiert dort (so gut wie) nichts. Und die Norwegen-Touristen sind oft vom Herzen her halbe Norweger, daher bringen auch sie die nötige Vorsicht beim Wandern mit (von den Flipflops mal abgesehen) :-)
Wir haben diesen Ausflug als Paket bei MSC, mit Busanfahrt von Stavanger als geführte Wandertour gekauft, zusammen mit ca. 100 Teilnehmern (Kosten 125,9€), Den Wanderführer haben wir allerdings nur während der Bussfahrt zu Gesicht bekommen. Wir hätten ihn auch nicht gebraucht – einfach mit der Masse laufen.
Dann Regen, nasse Steine, Schlamm und eine Sichtweite von bis zu 50m. Vernünftigerweise hätte man die Tour absagen müssen, aber der Veranstalter wollte nicht auf sein Geld verzichten.
Mehrere Leute sind dann bereits beim Aufstieg gestürzt. Beim Abstieg hat es mich dann auch erwischt -Finger ausgekugelt.
Trotz Meindl Wanderschuhe.
Dank Euerer Photos weis ich jetzt wenigstens was ich verpasst
habe. Vielen Dank!
Ui, das klingt ja gruselig!! Ich bin ohnehin skeptisch, was solche Touren angeht. Es gibt einfach zu viele schwarze Schafe unter den Anbietern, die Masse statt Klasse verkaufen. Und sogar für eine Stange Geld. Ich hoffe jedenfalls, dass dein Finger wieder in Ordnung ist und dass dieser Ausflug dir Norwegen nicht vergrault hat. Das wäre sehr schade.
Viele liebe Grüße, Nicole
Wunderbarer Artikel. Der Preikestolen steht auch noch auf meiner Liste. Die Bilder laden wirklich zum Träumen ein. :-)
Herzlich,
Anna
Danke, liebe Anna! Da musst du unbedingt hin, überhaupt musst du Norwegen auf deiner Reiseländerliste unbedingt ergänzen :-)
Liebe Grüße, Nicole
Hallo Nicole,
heute erst entdeckt das Ihr ja auch schon auf dem Preikestolen unterwegs wart. Das Wetter war bei euch ja sehr windig. Von weiter oben ist der Anblick auf den Preikestolen genial.
https://www.schoenebergtouren.de/regionen/europa/norwegen/norwegen-roadtrip-wanderung-zum-weltberuehmten-preikestolen/
Gruss Mario
Hi Mario,
der Wind war nicht das Schlimmste, unser größtes Problem war die Nässe von unten. Auf der vergeblichen Suche nach einem trockenen Zeltplatz haben wir den tollen Ausblick von oben auf den Preikestolen leider so ziemlich verpasst. Man ist aber ja flott oben, das holen wir irgendwann noch mal nach.
Viele Grüße,
Nicole