Fáilte go hÉirinn – Willkommen in Irland! Im vierten Anlauf habe ich es endlich auf die grüne Insel geschafft. Meine ersten beiden Versuche sind vor Jahren aus Budget-Gründen in Südengland und Schottland gemündet, Anlauf Nummer drei ist im Mai diesen Jahres an gesundheitlichen Gründen gescheitert. Aber aller guten Dinge sind ja bekanntlich vier (oder so ähnlich).
Reisevorbereitung „light“ für mehr Spontaneität auf Tour
Nachdem ich vom Doc grünes Licht bekommen hatte, buchten wir Ende Juni kurzentschlossen Flüge nach Dublin sowie einen Mietwagen. Erstmals planten wir keine feste Route, sondern steckten nur einige Eckpunkte fest: Wir wollten im Killarney-Nationalpark beginnen und uns dann die Südwestküste entlang hoch hangeln Richtung Galway und Connemara. Dabei wollten wir Irland auf keinen Fall im Eiltempo durchfahren, sondern in unseren neun Vor-Ort-Tagen die Westküste genüsslich auf uns wirken lassen. Als Reiselektüre wanderten der Lonely Planet für Irland sowie der Rother Wanderführer „Die schönsten Küsten- und Bergwanderungen“ mit ins Gepäck. Und los ging’s!
Reiseroute: 1.200 km in 9 Tagen
Von Dublin aus fuhren wir, abgesehen von einer kurzen Mittagspause in Limerick, schnurstracks hinunter nach Killarney. Hier begann unser Roadtrip entlang der Westküste Irlands. Jeden Abend legten wir uns einen Plan für den nächsten und eventuell übernächsten Tag zurecht: Wir blättern ein wenig in unserem Lonely Planet, ließen uns von den in den B&Bs ausgelegten Infobroschüren inspirieren und erkundigten uns nach der Wettervorhersage. Heraus kam am Ende folgende Reiseroute:
Linksverkehr: Fahren auf der „falschen“ Seite
Am Flughafen nahmen wir unseren Mietwagen in Empfang. Verdammt, ein Neuwagen! Damit fällt jede noch so kleine Schramme auf uns zurück, dachte ich mir. Die ersten paar Meter vom Flughafen bis zu unserem B&B Airport Orchard fuhr ich mit übelst mulmigem Gefühl: Ich saß auf der falschen Seite, hatte beim Versuch, zu schalten, ständig die Autotür in der Hand, musste mich mit dem Fahren auf der falschen Straßenseite arrangieren und mehrspurige Kreisverkehre überwinden – und all das bei Dunkelheit. Ich fühlte mich ähnlich ge- bzw. überfordert wie bei Mario Kart, allerdings schaffte ich es im Gegensatz zum Computerspiel unversehrt bis zum Ziel. Am nächsten Morgen, ausgeschlafen und frisch gestärkt von unserem ersten full irish breakfast, fiel mir das Linksfahren gleich um ein Vielfaches leichter.
Hier ein paar Erkenntnisse und Tipps zum Linksfahren, die ich während des Roadtrips gesammelt habe:
- Inspiziert den Mietwagen ausgiebig!
Nehmt euch vor dem Losfahren Zeit, euren Mietwagen und seine Funktionen kennen zu lernen. Die Pedale sind zwar genauso angeordnet wie bei uns auch, aber macht euch vertraut mit allen anderen wichtigen Funktionen wie Gangschaltung, Blinker, Scheibenwischer, Lüftung, Licht etc. Der Linksverkehr fordert genügend Aufmerksamkeit, da bricht schnell mal die Panik aus, wenn man gleichzeitig noch mit den Hebeln und Knöpfen im Auto kämpfen soll. - Lieber eine Nummer kleiner.
Viele der wunderbaren Küstenstraßen sind schmal, richtig schmal. Entsprechend froh waren wir, dass wir mit dem Skoda Citigo den kleinsten und günstigsten Viertürer angemietet hatten. Unser Gepäck fand bequem auf dem Rücksitz und im Kofferraum Platz und war stets gut greifbar. Im Gegensatz zu den Touristen, die sich große SUVs geliehen hatten, hielten sich unsere Schweißausbrüche bei entgegenkommenden Autos und vor allem Bussen in Grenzen. Mit einem Kleinwagen fährt es sich auf Irlands Straßen einfach entspannter. - Erst denken, dann fahren!
Vor dem eigentlichen Losfahren habe ich gedanklich die ersten Meter simuliert. Auf diese Weise bin ich nie Gefahr gelaufen, durch einen Automatismus (der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier) auf der falschen Straßenseite zu starten. - Vorsicht beim Abbiegen
Angeblich haben viele Leute das Problem, beim Abbiegen auf die falsche Spur zu geraten. Damit hatte ich persönlich überhaupt keine Schwierigkeiten, aber das mag natürlich individuell unterschiedlich sein, also Vorsicht beim Abbiegen. - Abstände richtig einschätzen
Mein Problem bestand eher darin, den Abstand zur Mittellinie, zum Gegenverkehr oder zu parkenden Autos bzw. Hecken und Steinmauern am Straßenrand richtig einzuschätzen. Mein Hirn war jedenfalls nicht in der Lage, spiegelverkehrt zu denken. Hier hilft anscheinend nur Übung und eine große Portion Vorsicht (vor allem, wenn man einen Neuwagen fährt). Auch der Beifahrer kann helfen und großzügige oder knappe Abstände kommunizieren. Angstschreie und Panikmache von der Seite sind hingegen eher kontraproduktiv, wenn auch im Eifer des Gefechts manchmal unvermeidbar. So blöd es sich anhören mag, auch für den Beifahrer ist der Linksverkehr anstrengend und mitunter nervenaufreibend. - Tempolimits
Sofern nicht anderweitig geregelt gelten in Irland innerhalb von Ortschaften 50 km/h, außerhalb 80 km/h. Auf Nationalstraßen (tragen ein „N“ im Namen, grüne Schilder) sind 100 km/h erlaubt, auf Autobahnen („M“ für motorway, blaue Schilder) 120 km/h. Anders als in Deutschland wird die Geschwindigkeit vor z.B. scharfen Kurven nicht explizit herunter geregelt, stattdessen kündigen beispielsweise „slow“-Schriftzüge auf dem Asphalt gefährliche Stellen an. In Irland setzt man auf mündige Autofahrer – gefällt mir! - Perfekte Beschilderung
In Irland gibt es mehr Hinweise und Gebote als Verbote, so mein Eindruck. Besonders gut haben mir die gelben Warnschilder mit schwarzen Piktogrammen gefallen. Diese weisen z.B. auf bevorstehende Kurven hin (auf unbeleuchteten Straßen abends eine echte Hilfe) oder auf kreuzende Straßen, wobei in letzterem Fall gleichzeitig die geltende Vorfahrtregelung enthalten ist: Die dicke Linie markiert die Vorfahrtstraße, die dünne Linie kennzeichnet das Vorfahrtachten. Genial einfach, einfach genial. - Regeln im Kreisverkehr
Kreisverkehre werden natürlich im Uhrzeigersinn befahren. Häufig haben die irischen Kreisverkehre mehrere Spuren. Die äußere Spur nimmt man in der Regel nur dann, wenn man den Kreisverkehr direkt über die erste Ausfahrt wieder verlässt. Andernfalls fährt man auf die innere Spur und wechselt erst dann nach außen, wenn man den Kreisverkehr wieder verlassen möchte. - Manches lernt man nie.
An zwei Dinge konnte ich mich bis zum letzten Tag nicht gewöhnen: Erstens habe ich den Sicherheitsgurt immer zuerst auf der falschen Seite gesucht, und zweitens habe ich beim Rückwärtsfahren immer zunächst gewohnheitsmäßig über die rechte Schulter geschaut. Beides war nicht weiter schlimm, fällt der Irrtum doch sehr schnell auf, aber ich fand es erschreckend, wie wenig ich mich doch von einstudierten Mustern lösen konnte.
B&Bs: Gemütlichkeit, Hilfsbereitschaft und leckeres Frühstück
Bed & Breakfast ist für mich DIE Unterkunftsart der Wahl in Irland. Ich muss spontan an das Motto der Fußball-WM 2006 denken: „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Dieser Slogan beschreibt die B&Bs aus meiner Sicht perfekt.
Wir wurden stets aufs Herzlichste von den jeweiligen Hausherren willkommen geheißen. Bei unserer Ankunft wurden uns Kaffee und Tee, Kekse und manchmal sogar leckere, selbst gebackene Scones angeboten. Wir erwischten meist urgemütliche Zimmer – mal mit luxuriöser Ausstattung, mal mit einer atemberaubenden Aussicht, mal mit beidem. Für den perfekten Start in den Tag hat das Frühstück gesorgt. Ich bin absoluter Fan des full irish breakfast geworden: Spiegelei, Würstchen, gebratener Schinken, gebratene Tomate sowie black und white pudding (gebratene Blutwurst). Mh, lecker! Ich kann nur jedem Irland-Urlauber (auch den Skeptikern unter euch!) raten, mindestens ein Mal das irische Frühstück zu probieren.
Begeistert hat mich auch die ungeheure Hilfsbereitschaft unserer jeweiligen Gastgeber bzw. der Iren allgemein. Wir erhielten laufend super Tipps und Ratschläge für Routen, Ausflugsziele, Unternehmungen und gute Restaurants. Als ich erkältet war, bekam ich eine frisch gepresste, heiße Zitrone serviert. Und Chris vom Ridgeview B&B in Cloghane bot uns an: „If you need any help at all, call me, I’ll come and rescue you.“ Eigentlich habe ich jeden Tag mit Spannung und Vorfreude das nächste B&B erwartet.
Obwohl wir in der Hauptreisezeit unterwegs waren, haben wir jeden Abend ohne größere Probleme ein B&B gefunden. Die B&Bs sind außen mit Schildern gekennzeichnet und häufig wird man mit Wegweisern von der Hauptstraße bis zum B&B geleitet. Wenn uns ein Haus gefiel, haben wir dort angehalten. Wir haben immer B&Bs mit 3-4 Sternen angesteuert und haben dafür zwischen 60 und 70 Euro pro Nacht im Doppelzimmer mit Frühstück gezahlt. War ein B&B ausgebucht (eher selten und vorwiegend in Touristenzentren), rief die Betreiberin bei einem befreundeten B&B an und leitete uns dorthin weiter. Trotz Hauptreisezeit verlief unsere spontane Unterkunftssuche absolut unkompliziert, und wir haben wirklich tolle B&Bs erwischt.
Irish Pubs: Leckeres Essen & Livemusik
Jeden Abend haben wir uns eine gemütliche Kneipe fürs Abendessen gesucht. Meist haben wir einfach unsere B&B-Betreiber nach einem Ausgeh-Tipp gefragt und sind mit ihren Empfehlungen immer bestens gefahren. Das Pub-Essen war lecker und erschwinglich, vor allem aber gehörte für mich die allabendliche Pub-Atmosphäre einfach zum Irland-Urlaub dazu: Holzinterieur, bunte Deko aus Postkarten, Wimpeln, Instrumenten sowie allerlei Tinnef und nicht zuletzt die Livebands, die meist ab 21 Uhr zu spielen begannen.
Fazit: Jederzeit wieder Irland!
Bisher war Norwegen meine unangefochtene Nummer 1 (in Europa), nun muss es sich die Pole-Position mit Irland teilen. Während Norwegen mit immer neuen Superlativen beeindruckt, besticht Irland durch seine Ruhe und Stimmigkeit, die sich im Nu auf mich und meinen Gemütszustand übertragen hat. Irlands Landschaft ist vielleicht nicht ganz so spektakulär wie die norwegische, dennoch ist sie sehr facettenreich und überrascht mit Kontrasten: Zwischen saftigen, grünen Hügeln leuchten orange-farbene Montbretien, die schwarzen Kerry-Kühe grasen neben Palmen (Golfstrom sei Dank) und hinter dem weißen Traumstrand liegt ein alter Friedhof mit keltischen Steinkreuzen.
Mein Entschluss, wiederzukommen, stand schon während des Urlaubs fest. Nächstes Mal möchte ich gerne da ansetzen, wo wir dieses Mal aufgehört haben: Burren, Galway, Connemara. Bis dahin schließe ich mit einem irischen Seegensspruch:
May the road rise to meet you.
May the wind be always at your back.
May the sun shine warm upon your face,
the rains fall soft upon your fields
and, until we meet again, may God hold you
in the palm af his hand.
Na, das ist mal ein klasse Bericht, der Lust auf Irland macht. Wir sind zwar nächste Woche in Dublin, aber nur am Airport zum Umsteigen Richtung USA.
Ich denke aber, Irland wird bei uns in den nächsten Jahren mal Programm werden. Linksverkehr kenne ich schon aus GB und von Malta, aber ein irisches Frühstück will ich unbedingt mal probieren, nach Deiner Beschreibung.
Eine Frage noch. Wie bekommt man das mit der schönen Karte da oben hin, mit der Textbox und den Erklärungen unten drunter?
LG Thomas
Danke für das nette Feedback, Thomas!
Lass mich wissen, wie dir Irland und das irische Frühstück gefallen haben, sobald du mal auf der Insel warst.
Die Karte erstelle ich mit dem WordPress-Plugin Nomad Map: https://wordpress.org/plugins/nomad-world-map/ Toll ist, dass man von dort auch direkt auf die weiterführenden Berichte zu den einzelnen Reiseetappen verlinken kann (Berichte folgen in Kürze).
Gute Reise und viel Spaß in den USA!
LG, Nicole
Super, Danke. Ich schau mir das Plugin mal an.
LG Thomas
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Hallo,
super geschrieben, hilft mir sehr bei der Entscheidung fürs Mietauto – schön klein. Du hast so nett geschrieben. wie ist es in Irand eigentlich so mit der Sprache wenn man nicht so gut englisch spricht? Ich wohn hier wo man eigentlich nie englisch sprechen braucht und ich nur mein altes schulenglisch kann.. Meinst du man kommt trotzdem halbwegs klar? Durch Neuseeland habe iche es auch geschafft aber da sind viele Deutsche grins
Meine Erfahrung mit Fremdsprachen beim Reisen ist ganz allgemein so: Wenn man muss, dann geht das auch mit der Sprache. Und schließlich setzt ja auch keiner den Rotstift an, wenn man etwas falsch macht. Trau dich einfach, englisch zu reden, und du wirst überrascht sein, wie viel von deinem alten Schulenglisch dann doch hängen geblieben ist ;-) Die Iren sind außerdem so freundlich und hilfsbereit, die werden dich nicht auflaufen lassen. Viel Spaß auf deiner Reise!
Ich habe 7 Monate fürs Studium in Irland gelebt und kann daher nur sagen: Irland ist meine Nr. 1. Das hätte ich vor Beginn meines Studiums dort nie gedacht, aber seitdem zieht es mich immer wieder zurück. :)
Neid! Das war sicherlich eine tolle Zeit, und ich kann es absolut verstehen, dass es dich immer wieder auf die Insel zieht.
Hallo Chrissi und Herumbreiberin,
sorry, ich habe eure Kommentare gerade erst im Spam-Ordner entdeckt und befreit.
LG, Nicole